Wessumer Geschichten

 

Auf dieser Seite finden Sie einige Geschichten aus dem Wessum der vergangenen Jahrzehnte. Es geht um die Art und Weise, wie es sich in Wessum vor 50, 80 oder 100 Jahren lebte, welche Gewohnheiten unsere Vorfahren hatten und woran sie sich am Verlauf eines jeden Jahres orientierten.

Viele dieser Geschichten wurden bei den Küeroabenden zusammengetragen, die in Laufe vieler Jahre beim Heimatverein stattfanden. Moderator Werner Hilbring führte die Gesprächsrunden zum einen mit Wessumern, die über das Leben um die Jahrhundertwende berichteten, zum anderen ging es um die Kriegsjahre und noch später um die 50er Jahre des zurückliegenden Jahrhunderts.
Wir möchten die Ergebnisse dieser Küeroabende nun allen interessierten Lesern zur Verfügung stellen. Die Veröffentlichung ist sporadisch, der Jahreszeit oder den Ereignissen angepasst.

 

Auch andere Begebenheiten, die zum Teil über Wessum hinaus Aufmerksamkeit erregt haben, sind aufgeführt.


Viel Spaß bei der Lektüre.


Folgende Personen haben mitgewirkt:

Hermann Gehling, Hermann Hilbring, Aloys Hollekamp, Josef Hüßler, Heinrich Temming, Heinrich Gerling, Gerhard Fleer, Johann Uhling, Josef Nienhaus, Alfons Grotenhoff, Werner Elfering, Josef Beßler, Franz Schepers, Josef Nienhaus, Werner Herbers, Josef Böcker, Klara Herbers, Luise Weßling, Agnes Bütterhoff, Maria Rolving, Elisabeth Hassels-Lütkenhoff

(Alle Erzählungen wurden aus dem Gedächtnis heraus aufgeschrieben und erheben keinen Anspruch auf Richtigkeit oder Vollständigkeit.)

Bildquelle Heimatverein Wessum e.V.

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Der Fall Josef Kramer - um 1849

Münsterischer Anzeiger 1849

. . . Der Ortsvorsteher und Kaufmann Jos. Kramer aus Wessum bei Ahaus hat gelegentlich der vorjährigen Wahlen nach Frankfurt und Berlin eine unschuldige Rede gehalten, aus der unsere Inquisitionsmaschinen Anmaßung von Hoheitsrechten und Erregung von Missvergnügen deduciren . . .

Ein Revolutionär der ersten Stunde . . .
Alle Ereignisse zum Nachlesen als Download

 

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Der Fall Josef Kramer
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Bauernkotten (Liewtüchters)

Dieses ist eine Auflistung der Kotten in Wessum etwa in der Zeit von 1900 bis 1945. Die angegebenen Hausnummern entsprechen denen der heutigen Zeit. 

 

Bauer Söbbing-Krumkamp
1.    Kotten: Gorkotte, Nähe Averesch 1
Der Kotten stand in Krumpkamps Weide und wurde ca. Anfang der dreißiger Jahre abgebrochen. Gorkotte erbaute Neubau im Jahre 1931 an der Ahauser Straße (Hamalandstraße)

2.    Kotten: Resing (Bussdirk), Nähe Averesch 7
Der Kotten steht in der Nähe von Sendfeld und wurde bis 1964 von Resing bewohnt. Später baute Resing an der Ortwicker Straße. Nach Resing wurde der Kotten für ca. 15 Jahr von Hubert Witt bewohnt und dann bis 1996 von Gustav Lücke.

 

Bauer Vissing-Buddendick
1.    Kotten: Fleer-Bußmann, Averesch 13
Der Kotten wurde um 1960 von Fam. Fleer käuflich erworben.

 

Bauer Buschoff
1.    Kotten: Thesing, Averesch 21
Der Kotten wurde zunächst von Thesing bewohnt. Dazu konnten jedoch keine näheren Angaben gemacht werden. Später wohnten dort Wilder (Puntgerd), die 1953 auszogen. Ab 1955 wurde er von Hermann Fleer bewohnt, der ab 1965 Eigentümer wurde.
2.    Kotten: Terbeck (Balöper), Averesch 32
Nach der Heirat von Heinrich Terbeck im Jahr 1961 ging der Kotten in dessen Eigentum über.
3.    Kotten: Beßler (Mannsbuer), Averesch 22
Fam. Beßler bewohnte den Kotten bis 1964 und errichtete dann einen Neubau. Der nachfolgende Kötter war Fam. Schulze-Bäing, die den Kotten 1967 käuflich erwarb.

 

Bauer Lütkenhoff
1.    Kotten: Wissing (Liewtücher), Averesch 46
Fam. Wissing bewohne den Kotten bis 1950 und errichtete dann am Averescher Schützenplatz einen Neubau. Danach wurde der Kotten von Fam. Westphal bewohnt und anschließend für vier bis fünf Jahre von Fam. Meester. Danach stand der Kotten leer und wurde 1996/ 97 vom Sohn des Eigentümers Hubert Lütkehoff um- bzw. neugebaut.

Bauer Effkemann
1.    Kotten: Wissing (Kuhl-Anton), Averesch 52
Der Kotten wurde von Fam. Wissing bewohnt. Später änderte sich der Name durch eine Einheirat in Ebbers. Der Kotten ging 1950 in dessen Eigentum über. 1958 wurde ein Neubau errichtet.

 

Bauer Grotenhoff
1.    Kotten: Gehling (Berns), Averesch 45
Der Kotten ging 1930 in das Eigentum der Fam. Gehling über.
2.    Kotten: Beßer (Ströwer), Averesch 69
Dieser Kotten wurde von Fam. Beßler bewohnt, die später gegenüber der Schreinerei Weßling einen Neubau errichteten. Danach bewohnte Josef Rose den Kotten, später Nünning-Bomkamp. Danach wurde der Kotten abgerissen.

 

Bauer Hassels-Kappelhoff
1.    Kotten: Hermann Feldhaus (Spiker), Averesch 85
Feldhaus bewohnte den Kotten bis 1928/ 29. Danach erfolgte die Kündigung durch Bauer Hassels.
Nach Fam. Feldhaus bewohnte Hermann Nabers den Kotten, der ihn später auch als Eigentum erwarb. Nabers errichtete einen Neubau und der Kotten steht heute nach – sehr gepflegt – hinter dem Neubau.

 

Bauer Vennekötter-Böcker
1.    Kotten: Böcker (Toppjan), gegenüber Averesch 91
Der Kotten wurden 1903 von Fam. Böcker bewohnt. Später baute er im Dorf Wessum neu. Anschließend wohnte dort Heinrich Hemling (Toppjan). Der Beiname „Toppjan“ wurde vom Vorgänger beibehalten. Ab 1929 wurde der Kotten von Fam. Mielcarek bis 1960/ 61 bewohnt. Nach einigen Jahren, in denen er als Scheune genutzt wurde, wurde der Kotten abgerissen. Der Kotten stand direkt an der Alstätter Straße.

 

Bauer Schmäing-Mönning (jetzt Söbbing)
1.    Kotten: Feldhaus (Spieker), Averesch 82
Von 1879 bis 1895 war Fam. Feldhaus Kötter. Da die Wohnverhältnisse nicht mehr ausreichten, zog die Familie in den Kotten von Hassels-Kappelhoff. Von 1896 bis 1913 wurde der Kotten von Hermann Hilbring (Angst) bewohnt, der später einen Neubau am 1. Feldweg (jetzt Neustraße) errichtete. Späterer Nachfolger im Kotten war Heinrich Nabers (Busdine). Da der Kotten jedoch in einem schlechten Zustand war, wurde er abgerissen und Fam. Nabers baute dort neu.

 

Bauer Breul
Als Pächter bewirtschaftete ein Waltermann den Hof. Der Hof wurde später von Heitmann käuflich erworben. Dieser hatte zwei Töchter. Durch eine Einheirat mit der Tochter Emma änderte sich der Besitzername in (jetzt:) Heinrich Herdering.
1.    Kotten: Karl Blokesch (kam aus dem Ruhrgebiet), Averesch 86
Fam. Blokesch hatte bis Anfang der 30er Jahre bei Fam. Bertling an der Eichenallee gewohnt, bevor er schließlich bis ca. Mitte der 50er Jahre im Kotten wohnte. Danach wurde der Kotten abgerissen. Es ist nicht bekannt, ob vorher jemand anders dort wohnte.

 

Bauer Schulze-Kappelhoff
1.    Kotten: Lölwer-Prinz, später Vortkamp (Beiname Prinz blieb erhalten), Averesch 93
Nach dem Neubau von Fam. Vortkamp an der Alstätter Straße wurde der Kotten von Fam. Mehring käuflich erworben. Jetzt ist es zu einem Schmuckstück umgebaut worden.
2.    Kotten: Hemling (Bussjan), Averesch 96
Dieser Kotten soll früher das Eigentum von Bauer Söbbing gewesen sein und schließlich von Schulze-Kappelhoff gekauft worden sein. Nach der Erstellung eines Neubaus durch Hemling als Eigentum dient der Kotten z. Z. als Stallung von Schulze-Kappelhoff.

 

Krankenhaus
1.    Kotten: Terdües (Krüesbuer), Averesch 55
2.    Kotten: Vortkamp (Genärm), Averesch 54
3.    Kotten: Vortkamp (Fritzken), Averesch 75
Diese drei Kotten sind in die Stiftung des Krankenhauses gegangen. Das in der Nähe befindliche Waldstück am heutigen Schützenplatz Averesch trägt noch immer den Namen: Krankenhues-Busch. Die drei Kotten wurden in den 30er Jahren vom Krankenhaus an die Kötter verkauft.

 

Bauer Temming
1.    Kotten: Vortkamp-Klümpers (Klümpers Siska, Franziska Menker), Nähe Averesch 100
Die verwitwete Frau Vortkamp heiratete später Herrn Menker. Sie hatten keine Kinder. Das Paar nahm Heinrich Terhaar (Kiwietten Heinrich) aus Alstätte an Kindesstatt an. Der Kotten wurde bis Anfang der 50er Jahre von der Familie bewohnt. Später errichteten sie an der Gartenstraße einen Neubau. Seitdem steht der Kotten leer und ist verfallen.
2.    Kotten: Tenhündfeld (Schippherm), Averesch 19
Dieser Kotten wurde bis Anfang der 50er Jahre bewohnt. Danach errichtete Fam. Tenhündfeld an der Flörbachstraße einen Neubau. Der Kotten wurde später abgerissen und das Grundstück ging an Herickhoff über.
3.    Kotten: Hintemann (Tücker), Thiebrink 15
Fam. Hintemann erwarb den Kotten von Temming. Trotzdem leistete Hintemann noch bis 1996 viele Arbeiten auf dem Hof Temming.

 

Bauer Dennemann-Dorenkotte
1.    Kotten: Löhring, Averesch 103
Dieser Kotten befand sich an den Schienen vom Wessumer Bahnhof nach Alstätte. Seit dem 1. Weltkrieg wurde er von der Witwe Maria Löhring (ihr Ehemann war im Krieg gefallen) und den beiden Töchtern (Karoline, Löhrings Kollienken und Maria) bewohnt. Ebenso lebte der Bruder des gefallenen Ehemannes, Hubert, dort im Haushalt.
Löhring bewohnten den Kotten bis 1960 und errichteten dann einen Neubau.  

 

Bauer Wolfering (Brommer)
1.    Kotten: Vortkamp (Trumschläger), später Kaizer, Thiebrink, Nähe Thiebrink 23
Dieser Kotten befand sich gegenüber von Egbrinkhoff. Fam. Vortkamp bewohnte ihn bis 1911, baute dann an der Eichenallee neu. Ab 1906 lebte die Mutter (der Ehemann war verstorben) mit ihren Kindern allein. Vom Vorgänger des Kotten ist nur noch der Beiname „Trumschläger“ bekannt. Daher erhielt die Fam. Vortkamp wohl auch diesen Namen.
Der Kotten wurden 1965 abgerissen.

 

Bauer Riddebrock
1.    Kotten: Walfort, Averesch 111
Der Kotten befand sich am Kaninchenbert. Zuletzt bewohnten Mutter und Tochter Walfort den Kotten. Nach der Heirat der Tochter sind beide, Tochter und Mutter, nach Epe umgezogen.
Danach bewohnte Fam. Koschel den Kotten. Nach dem Tod von Herrn Koschel zog auch die Familie aus und der Kotten stand leer. Nach einem Umbau bewohnt jetzt Fam. Kühlkamp den Kotten.
2.    Kotten: Büning (Rösken) Nähe Wasserwerk
3.    Kotten: Feldhaus (Berns Tanten)
Über den zweiten und dritten Kotten konnten keine näheren Angaben gemacht werden. Bauer Riddebrock hatte wohl nur wenig Kontakt zu Wessum.

 

Bauer Dennemann
1.    Kotten: (Dünnjann – der richtige Name war nicht zu erfahren)
Der Kotten lag auf dem jetzigen Grundstück der Fam. Ibing. Er brannte 1932 völlig ab.
2.    Kotten: Wilmer (Möyn Mensken), Nähe Averesch 108
Der Kotten lag am Hof Dennemann. Später heiratete Wilmer bei Wittebrock an der Neustraße ein. Von 1920 bis 1953 bewohnte Fam. Theodor Lanvermann den Kotten. Später zogen die Eltern mit Sohn Josef nach Ahaus.
Danach bewohnte Fam. Ibing den Kotten. Die Familie baute schließlich auf dem Grundstück des ersten Kottens von Dennemann neu.

3.    Kotten: Terbeck (Timmerherm), Averesch 110
Der Kotten befindet sich direkt an der Graeser Landstraße. Nach Fam. Terbeck bewohnte Fam. Jakob den Kotten. Dort lebte ebenfalls Frau Lange (Schwester von Frau Jakob) im Haushalt. Diese lebte nach dem Tod der Eheleute allein dort und wurde Anfang der 90er Jahre tot dort aufgefunden. 1997 wurde der Kotten an Paul Fleer aus Graes vermietet.


Schwurgerichtsverhandlung Münster            20 Januar 1900

Münsterischer Anzeiger 21 Januar 1900

 

Am Abend des 18. October brach zu Ottenstein im Hause eines dortigen Schmiedemeisters Feuer aus. Außerden Ottensteinern betheiligten sich an den Löscharbeiten auch mehrere junge Leute aus dem benachbarten Wessum, die gleich jenen den kostenfrei und in reichlichem Maße verabreichten Getränken tapfer zusprachen. Nach Beseitigung der Gefahr begaben sich die Löschmannschaften in das vor dem Dorfe an der Landstraße Ahaus Wüllen Ottenstein gegenüber der Einmündung des Weges nach Wessum gelegene Gasthaus des Wirthes Franz Abbing. Dort in der Küche wurde weitergelöscht", obwohl die Meisten in dieser Beziehung schon genug gethan hatten. Von Alters her aber herrscht zwischen den Ottensteinern und Wessumern ein gespanntes Verhältniß, und letztere geben ihrer unfreundlichen Gesinnung gegen die Ottensteiner gern dadurch Ausdruck, daß sie denselben den Spitznahmen "Worteln" beilegen, worüber diese natürlich nicht gerade besonders erbaut sind. In der Küche herrschte bereits eine ziemlich gereizte Stimmung zwischen beiden Parteien, und als nun angeblich das böse Wort "Worteln" fiel, kam es zu einer heftigen Explosion. Im Nu waren die Parteien handgemein, wobei besonders der Tagelöhner Wilhelm S. aus Ottenstein und der Holzschuhmacher Theodor H. aus Wessum activ in den Vordergrund traten. S., der außerordentlich streitsüchtig und bei jeder Schlägerei betheiligt gewesen sein soll, bot dem H. Schläge an und forderte ihn auf, mit hinaus zu gehen. H. erwiderte darauf, dazu habe er keine Lust, "Aber ich lasse mich heute nicht wieder so vertreiben, wie auf der Ottensteiner Kirmeß." Damals soll ihm nämlich S. das Vergnügen durch eine Tracht Prügel in hohem Grade versalzen haben, sodaß jedenfalls die Beiden als erbitterte Gegner anzusehen waren. Darauf deutet auch die Thatsache hin, daß an jenem Abend gesagt worden ist, und zwar jedenfalls von einem Wessumer, sie wollten's "de Worteln aflähren", und heute Abend solle es noch "Dode" geben. Auf die Aufforderung des S. nun, während es in der Küche weiter recht wüst herging, drängte H.‘s Freund L. aus Wessum den Herausforderer zum Hause hinaus und gab ihm draußen einen Stoß vor die Brust, sodaß der stark angetrunkene Mann in die Kniee sank. In diesem Augenblick kam H.
dazu und führte mit einer Wagenrunge mehrere heftige Hiebe gegen S. und begleitete jeden der selben mit dem Ausruf: "Du bist immer ein Stänker gewesen!"
Den ersten Schlag erhiet S. an die Beine, den zweiten in Rücken, den dritten den man laut duch die Nacht schallen hörte auf den Kopf, sank um und blieb leblos liegen.
H. begab sich nach der That mit T.,L. und B. auf dem Heimweg nach Wessum und äußerte zu diesen u. A. "wenn ich nicht mit der Runge dabei gewesen wäre, dann wäre es nicht so gekommen".
Der schwer verletzte S., ein lediger Mann von 36 Jahren, hat einige Tage zu Hause krank gelegen, ist dann nach Wessum in's Krankenhaus gebracht worden und dort etwa sechs Wochen später gestorben, ohne die Besinnung wiedererlangt zu haben. In Folge dieser Vorgänge erschien heute der bisher noch nicht bestrafte, 25 Jahre alte H. vor den Geschworenen unter der Anklage, am 18. October 1899 zu Ottenstein den Wilhelm S. vorsätzlich körperlich mißhandelt zu haben, und zwar mit der Folge, daß durch die Körperverletzung der Tod des Verletzten verursacht worden ist. H. war geständig, daß er den S. in der an 13 Stunden gegebenen Weise mißhandelt habe, behauptete aber, er sei dazu  von dem Verletzten schwer gereizt worden. Die Zeugenaussagen ergaben den oben mitgetheilten Thatbestand. Das Gutachten der als Sachverständige vernommenen praktischen Aerzte Kreisphysicus Dr. Heming, Ahaus, Dr. Triep, Ahaus und Dr. Hoppe, Ottenstein stellte fest, daß S. durch den Schlag auf den Kopf eine schwere Schädelverletzung erlitten, die auf das Gehirn einen lähmenden Druck ausgeübt und dadurch das Versagen der Ernährungs-Functionen herbeigeführt habe, so daß der Tod in Folge allgemeiner Erschöpfung eintrat. Als Todesursache sei die durch den Schlag verursachte Schädelverletzung anzusehen.
Herr Staatsanwaltschaftsrath Bölling bat, den Angeklagten der vorsätzlichen Körperverletzung mit Todeserfolg für schuldig zu erklären, dagegen die Frage nach dem Vorhandensein mildernder Umstände zu verneinen, wogegen der Vertheidiger des Angeklagten, Herr Rechtsanwalt Salzmann, für Bejahung derselben eintrat.

Die Geschworenen erklärten den Angeklagten für schuldig im Sinne der Anklage und bejahten die Frage nach dem Vorhandensein mildernder Umstände. Der Vertreter der Königlichen Staatsanwaltschaft brachte eine Gefängnißstrafe von 4 Jahren in Antrag; die Vertheidigung bat, die seitherige Unbescholtenheit des Angeklagten, seine Jugend, sein reuiges Geständniß und die Erregung zu berücksichtigen, in welcher er sich befunden, und demgemäß eine mildere Beurtheilung eintreten zu lassen.
Der Gerichtshof erkannte auf eine Gefängnißstrafe von 4 Jahren.


Werner Hilbring (*1933) aus Wessum erinnert sich an seine Schulzeit

 

Usse Schooltied, datt wann’n de Kriegsjoahre, well nich all te rosig wann’n. Wi häbbt hier so recht kinne Not hat, hungern broch so recht kinne. Unner annerm hölp ja datt Schattschlachten dröwwer wegg. Doch wann man domoals as Kind sehn häww, wann utländschke Arbeiters, mangs noch bolle Kindner, well up de Klumpenfabrik bi Dües arbeiten, in de Meddachspause kömm’n un üm ’n Butterbrot froaggen -  off wann Frauen ut’t Bergschke upt’t Land noa’n paar Kartuffeln sochen – off Deele van eer Utstüer wegg gawn för’n paar Eier, ’n Stück Brot off’n Stücksken Speck, un wann man’t vandage süht, watt alls inne Mülltunne ligg, dann mutt’m sich froagen, wo schlecht geht’t us. Wann sowatt de olln Löe sögn, de saggen: Dor schleet de Hagel noa! Doch üm datt alls upteröhren, dor bruckt man ne heele Tied to.

 

Usse Schooltied, datt wann’n de 30er un 40er Joahren. Usse Scholle bestönn ut de olle un de neje Schoole – verbunden wann’n de beiden mett’n Treppenhues, watt ock noa de beiden Lehrenwonnungen in denn nejen End göng. Dor bünn ick ock all bi’t Uptelln: nett as gesäggt, in’t Neje wann twej Klassenrüme un 2 Wonnungen. In de Wonnungen wonn’n domoals Frl. Vagedes und Lehrer Bode. In denn olln End wann drej Klassenrüme – unnern twej un bomm’n een Klassenruum un ne Lehrerwonnung, de domoals van Lehrer Stratmann bewonnt wass. Dormett bünn’t ock all Nams folln van eenige Lehrpersonen. Dorto köm noch Lehrer Kussmann, Lehrer Koch, Lehrer Herding und Frl. Temming. In de Kriegsjoahre kömm’n noach eenige debi. Doch de alle uptetelln, datt geht doch te wiet.

 

Mett sess Joahre Kööm man inne Schoole, moatgäwnd wann denn 30. Juni. Ett wass recht unkompliziert: wann man denn Oller ha, kööm man drin. Schoolanfang wass Ostern. In de Kriegsjoahre 1941/42 wott in’n Herwst inschoolt. Fake wass’t so, datt Kinner, besünners ut de Buerschopp, de so recht datt Dorp off de Schoole noch nich

 

sehn hann’n, de hochdütschke Sproake nich mächtig wann’n. Män dorför hann’n de domoaligen Lehrpersonen echt Verständnis. Ett wass ja ock so, datt de in’t selbe Dorp wonn’n un somett ock jeder kann’n.

 

Ne „Schultüte“, so ass man vandage sägg, de gaww’t domoals noch nich mett Schlickerejn un Spill. Man hatt entweder ne Linnenbüül för de Schoolsaken off ne Tonüster – unnerscheedlick för Jungs un Mäkes – mangs wass’t ock ne affgedankten van öllere Geschwister. Ne Schoolkasten, wo noch fake van küert wött -  mett de Bewandtnis: He häww nich full up denn Kasten! (Watt aber mett Beschlagenheit nix te dohn häww.) – datt däch mi nich mehr.

 

Joa, watt man so erst in’n Tonüster ha, datt wass ne Toafel, ne Schiefertoafel, mett ne Holtrahmen drüm. Dorann wass datt Toafelläppken: ne kleinen Schwamm to’t Nattmaken, un ’n gehäkelt Läppken to’t wär dröge maken. An eene Siete wann’

 

Datt erste Läsebook hat vörne ’n bunt Beld mett ne Hasen drupp. Läter köm’n dann de

Läseböker: Das goldene Tor, Heimatland, Deutsches Lesebuch, Vaterland off Schatzkammer. Reckenböker: datt groote un datt kleine. Üm de Böker harüm köm dann ock noch ne Ümschlagg ut Tapeten, Zeitung off Butterbrotspapier. Datt wass dann so datt erste för de I-Männekes.

 

In’t erste Joahr gaww’t Schriewn, Läsen, Recken un Religion. Bi’t Schriewn wonn’n erst eenzelne Buchstaben lehrt, well dann läter to Wörter tesammensatt wonn’n. Recken van 1 bess 10, un dann so wieder. Glück hann’n de Kinner, well all öllere Süsters off Bröers hann’n, well in’t Hues bi de Schoolarbeiten lück helpen konn’n. De Öllern hann’n dor fake ja kinne Tied för.

 

Denn Schooldagg, de föng mons mett de Misse inne Kärke an. Tien Minuten noa sewwen, datt gelde för alle Kinner. Nich mett Räder off Autos göng datt – Klumpen un dann tefoote, un datt bi Wind un Wär. Un dann denkt äs wo wiet so manches Kind komm’n moch: ¾ bess ne Stunde van Schoppenbuer, Joammerdaal, Ruhoff, Hassels, Brinkhues off so, un bi wöcke Wäge, un datt to jede Joahrestied. Nich selten wass, datt de Kinder ne Stückwägs mett Perd un Koare un Stinnölgeslöchte ne End weggbracht wonn’n. Ick froach mi, wo soll datt vandage wall goahn?

 

Inne Kärke satt man klassenwiese bineene - Jungs an de Epistelsiete rechts un de Mäks an de Evangeliensiete links. Achter jede Klasse satt de Lehrperson, de dann ock forts wuss, wann eene nich dor wass. Noa de Misse göng’t dann noa de Schoole. De Dörperkinder göng dann langs ’t Hues un konn’n sick watt te Ätten haaln un ern Tonüster. Anne Schoole wott sick dann butten klassenwiese, twej teggenneene- uppstellt un dann göng’t in de Klasse. Dann wott bäd’t un denn Unnerricht föng an. Ne fasten Stundenplan, de gaww’t so recht nich, wägen datt fake eene Lehrperson mehrere Joahrgänge hat un de unnerscheedlick unnerrichtet wonn’n. Watt, de wann’n an’t Läsen, andere an’t Recken usw. Noa jede Stunde gaww’t fief Minuten Pause. Um 10.00 Ühr wass de groote Pause. Kinder, well kott bi wonn’n, göng’n noa Hues un kreegen dor er Frühstück: Pannekooken off ’n Ei, ne Tasse warme Melk off süss watt. För de anderen Kinner wass datt fake datt erste. Mangs kregen düsse ock watt noa de Schoole bracht. Besünners in’n Herwst off Winter, wann’m schlacht hat. Ett köm aber immer drupp an, off eene in’t Hues dorför Tied hat

 

An’n Anfang un wann de Pause an’n End was, löp eene mett ne Schelle üm de Schoole un schellde. Well datt droww, datt wass all Ehrensake. Ock wott Papier upsocht. Un wann dor es ’n Stücksken Stuten off Brot läch, datt wott upsocht för Stratmann seine Hohner off för de Hunde. Noa de Pause moch man sich ock wär upstelln un ett göng geschlotten in de Klasse.

 

Watt Lehrpersonen wassen richtig streng, män man lehrde ock watt. Erzieherische Maßnahmen wassen fake mett Schläge verbunden, noasitten, Stroafarbeiten off unnen ansitten. Man hat ja sienen Plass in de Klasse. Düsse „Plätze“, so as wi saggen, gaw’t noa’t Recken off noa Fehlers in’t Diktat, un dann konn’t ess wern, wenn’m ziemlick bowwen satt un man hat küert, köm man unnern an. Datt Rutschken göng mangs inne Stunde ’n paar Moal, so datt man noa ’n paar Dage wär bowwen ansatt. Ne bestimmte Lehrerin wass för düsse Methode bekannt. Un süss kööm’t nich selten

 

vör, datt’t för Fehlers maken Schläge gaww – off för’n Bönn öff dör de Hand. Off datt immer datt richtige wasse, datt ist te betwiefeln. Fake konn man ’t all sehn, wo denn Dagg wodde – je noa dem, wönne Anzug off wönn Kleed de Lehrperson an hat. Wann Stratmann in’n Herwst off Winterdagg up Jagd wesst wass, un dor höng mons bowwen an’t Fenster ’n Paar Fasanen, off Hasens off Kaninkes, dann wass’t gutt. Män wehe, dor höng blos een off twej: dann wass Vörsicht gebonn’n.

Zeugnisse gaw’t fröher eenmloal in’t Joahr, läter dann ock in’n Herwst. Up datt erste Zeugnis stönn dann außer Betragen, Ordnung, Schulbesuch und Häuslicher Fleiß ock denn Vermerk „Hat einen guten Eindruck gemacht“ oder äben nich; dann „Steigt“, läter „Versetzt“ oder „Steigt nicht“.

 

Alle eenzelnen Fäcker uptetelln, datt dürde vullste lange. Utwendig lern, datt wass immer besünners. Gedichte, well vandage noch echt stückwiese fast sitt’t: Erlkönig, Zauberlehrling, Lied von der Glocke, 13 Linden – bloß üm ’n paar uptetelln. Datt erste Gedicht wass bi de mersten: Das Büblein auf dem Eise.

 

De Noten up’t Zeugnis för de Fäcker ’Turnen’ un ’Musik’, de wonn’n gäwn, datt’m in’n draww öwwer ’n Schloolplass löp off wor öwwerhen springen moch. Musik, dor wott ne Stunde ansatt un jeder moch ’n Leed sing’n, watt he woll – un dormett wass Musik annend.

 

In de ünnersten Klassen wann’n Jungs un Mäkes tesamm’n, in de Oberklasse köm’n se utneene. De Jungs wann’n un’n bi Stratmann, läter bi Herding, de Mäkes bomm’n bi Frl. Temming – „Koks Mamselleken“.

 

Aff ’n fiewten Joahrgang kreeg’n de Jungs datt Fack Raumlehre un de Mäkes Handarbeit.

 

De sittliche Trennung van Jungs un Mäkes, de wass domoals all recht streng, besünners bi Frl. Temming. Dorto ne kleine woahre Begäbenheit:

 

Domoals wass noch noch kinne Heizung in de Schoolklassen. Grote Ömms mett lange Piepen sorgten för de Wörmte. In groote Munitionskisten sorgten de Jungs ut de Oberklasse immer dorför, datt genuch Brennmaterial dor wass, off Kolln, Schlammkolln off Torf. Datt wass bi Frl. Temming anners. De Jungs droffen nämlick

 

nich dör de Klasse vanne Mäkes goahn, offwall de Lehrerin ock inne Klasse wass. Somett beauftragte Frl. Temming twej stabile Mäkes dormett de lörrige Kiste noa un’n henn te brägn. De Mäkes kloppten dann bi Lehrer Herding anne Klassendöre, üm denn Schlöttel van’n Keller te kriegen. Herding dann wär schickte twej Jungs mett in’n Keller üm de Mäkes te helpen de Kiste vull te maken. De vulle Kiste brachen de Jungs dann noa bomm’n – aber blos bess vör de Mäkesklasse. Dann kööm wär de sittliche Trennung.

 

Ne ganz groote Rulle spöllde domoals noch datt Kärklicke. Nich alleen, datt mann mons vör de Schooltied noa de Kärke göng, Religionsunterriocht un ock andere kärklicke Veranstaltungen hörden efack dorto. Twejmoal inne Wäcke gaww denn Pastor off de Vikar Religionsunterricht inne Schoole. Bibel und Katechismus wass immer för de nächste Stunde untwennich te lern. Joa, de Geeslickes söch man bolle jeden Dagg up’n Schoolplass. Bicht-, Kommunion- off Firmunterricht wass extroa meddachs in’t Pfarrheim. Sunndagg meddach Christenlehre un Andacht, Maiandacht in’n Mai, Rosenkranz in’n Oktober. Prozessionen, de kleine un de groote, dor göng’n de Schoolklassen geschlotten mett – klassenwiese, de Lehrperson midden detüschken. Wann in de Fastentied Fastenpräken wann’n, dor mochen wie ock hänn un dann doröwwer ne Aufsatz schrieb’n. Un wann eene besünners gutt uppasst hat, de krech dann ’n Heiligenbeldken. In de Fastentied, wott in de Schoolmisse ock noch denn Krüsswegg bäd’t. – Ick froach mi blos, well vertell ick datt. Sicher göng sowatt up vandage nich alle mehr, wägen datt de Kinder nich mehr blos in’t eegene Dorp noa de Schoole goaht.

 

Joa, un dann köm ja ock noch datt Missdehn för us Jungs. Mäkes drowwen datt domoals ja noch nich. Erst datt ganze utwendig lern, up latinschk, un well konn datt?

 

Dann datt Üben – ick will nich alls uptelln. Wann’t dann sowie wass, datt man deen droww, dann göng datt: erste Wecke in de Schoolmisse üm 10 noa 7, tweede Wecke in de erste Misse üm 6 Ühr, üm ¼ vör 6 doar wärn. Nich selten hat man dann ja ock all 20 Minuten bess ne halwe Stunde loopen. Dann wär noa Hues un to 8 Ühr wär noa de Schoole. De dääde Wecke üm 6 Ühr in’t Krankenhues dattsölwske. Männ, dor göng’n wi gerne deen’n. Dor gaww’t noa de Misse dann inne Köcke warme Melk mett frischken Stuten. Joa, datt is all lange henn. Män ick meen, datt häww us för’t wiedere Läbn bess up vandage nich schad’t.

 

Män man mutt säggen, ett wass nich langwielig. Dorför sorgte ock besünners mett – de olln Wessemsken kennt ’n noch in gutter Erinnerung – Pastor Knälmann. Datt wass ne Mann! Off in de Kärke off in’t Dorp, öwwerall total beliebt. Alleen öwwer em konn man wall ne ganzen Oaben kürn.

 

Bloß een kott Ding:

 

Ett is nämlick so, wenigstens bi mie, wann’m so van fröher küert, dann kümp’m so richtig in’t Schwärmen. Doch nun wär trügge. Vertellt häww mie datt domoals ne olln Mann ut Ausen. Ett wass in de Kriegsjoahre. Ussen Pastor de föhrde eenmoal in de Wäcke noameddaggs mett’n Triebwagen noa Alstäer to’t Karten. Mett denn 6-Ühr-Zug kööm he dann wär trügge. Wann’t gutt Wär wass, dann steeg he in’t Averesch an de Haltestelle un und göng tefoote noa’t Dorp. So wass’t ock an düssen Oabend. Denn Mann ut Ausen hat sick ne Treckwagen vull Errappel ut Averesch van ne Buer haalt. In de Nöächte van Krüsbuer, röste he sick äm. Well kööm dran? Ussen Knälmann! Schirm up’n Nacken, as he fake hat. „Ja Mann, häbb Ih ur watt te ätten haalt?“, was de Froage. „Joa!“ „Föllt ur ock suer?“ „Joa, ett stigg hier lück!“ „Dann komm an“, sägg Knälmann. Beide

 

tesammen trocken denn Wagen, unnerhööln sick öwwer dütt un datt bess att se an Böcker’s Krüss ankomm’n wann’n. Dor löät de Pastor denn Wagen loss, göng in siene Richtung un gaww denn Mann mett up’n Wegg: „Komm gutt öwwer! Un ätt de Errappel mett Gesundheit up!“ – De Antwort van denn Mann to mie: „Mein Gott, watt häbb ih bloß ne Pastor!“

 

Joa, de Schooltied in de Kriegsjoahre, de stellde so allerhand up’n Kopp. So eeniges häbb ick ja all säggt, män so allerhand is doch noch in’t Vergättensbook unnergoahn. Wenn’m dor an däch, watt up vandage de Kinder groote Utflüge – joa mangs sogar Tagesfahrten – makt, … Wanderdage bi us, wann’n, wann öwwerhaupt, noa de dicke Eeke in de Bröcke, Kaninkesberg bi Riddebrock off noa van Delden’s Perdegraww bi Joammerdaal.

 

Ne Fierdagg wass, wenn ’n Lehrer Namensdagg ha. Dann drowwen wie meddaggs vörher in de Klasse goahn un mett bunte Kriede an de Toafel moalen. Jedes Kind gaww ne Groschken – viellicht för ne Bloome – dann wott sungen un graleert. Joa, un dann gawwt kinne Schoolarbeiten up.

 

Watt nich so gutt wass: Eene Tiedlang, wie wassen do bi Lehrer Bode, mochen wie ne Ettläppel mettbrägn. Wi mochen alle ut de Bank noa vörne komm’n un jeder moch ne Läppel vull blanken Läwertroan nämm’n, van wägen mett Geschmack – datt wass anners. Wi drowwen dann ock nich forts noa buten noa de Pumpe un denn Läppel affspööln, wägen süss hann’n wi ’t wiet utspejt.

 

Watt ock nich so bar alls wass, denk wie es an de Hygiene – kott gesäggt de Toiletten. Natürlick streng getrennt för Jungs und Mäkes. De Anlage wass dör ne Schutzwand mett Trägers afftrennt. Öwwer de Dörn ’n paar Luftschlitze för frischke Luft. Männ denn Zustand wass so derart schlecht, datt de van de Kinder bloß in’n alleräußersten Notfall bruckt wonn’n.

 

Watt noa ligg, wass dann in’t Sommer datt Baden. Kinne groote Mögglichkeit: entwender noa Sömmks Badekuhle, an’n een End stönn’n de Köh drinn to’t suupen, an’n annern wie, off ett göng noa Hüwwelken in de Bäcke, dor wass datt Water ock fein sauber, männ ock deeper, off noa Schult van Halle vör de Schlusen van de

 

 

Watermölle. Well ganz gutt schwämm’n konn’n, männ datt wassen nich vull, de göng’n noa de Iserkuhle bi de Kaparten.

 

Eene Tiedlang droww domoals mons un meddaggs in de Schoole nich meht bäd’t wärn. Män ick mutt säggen, datt sick dor de mersten Lehrpersonen nich dran höln. Noa denn Hitlergruß wott’t doch bäd’t, wann ock kott. Fake wott denn Unnerricht dann dör Fliegeralarm unnerbrocken. Sirenen föng’n an te hüülen, in verschiedene Affstände gaww’t Voralarm (drejmoal achterneene), Vollalarm (kott achterneene fäker), Vorentwarnung (wer drejmoal achterneene), Entwarnung (eenmoal langanhollnd). De Kinder, well kott bi de Schoole wonn’n drowwen noa Hues henn loopen, mochen aber bi Entwarnung wär dor wärn. De annern mochen in’n Bunker up’n Schoolplass. Datt wass immer ’n echt dörnander.

 

Dann gaww’t ock „Schulspeise“. Datt wott in’t Krankenhues vanne Schwestern kockt. To de groote Pause wott datt dann in groote Melkbüssen van’n paar stabile Jungs uphaalt, un unnerwägens ock all probeert (watt nich soll!). Mett ne grooten Schleef wott datt dann an gewisse Kinder utdeelt. Datt göng dornoa, well Lebenmittelkarten ha, Selbstversorger, de kreegen nich watt, män de mong’t ock wall gerne, doch de mochen tokieken.

 

Dann wass ock noch datt Kartuffelkäfer söken. Ett wonn’n bestimmte Kinder to bestimmte Buern todeelt – eenmoal in de Wäcke – wann de Kartuffel so half lang wassen. Entweder göng dann ne Knecht off ne Wönner van’n Buer mett. Män datt bragg nich vull, ett wott mehr kapott makt as gutt. Ett arte merst up Spöllerej ut. Datt gutte dran wass, man hat kinne Schoolarbeiten up.

 

Un dann noch Heilkräuter söken. Datt wott up ’n Schoolbalken drööcht und soll för Tee bruckt wärn. Brombeerblä, Berkenblä, Duffnetteln, Kattenstett, Lindenblä usw. Sogar göng’t mangs klassenwiese mett Schere off Schällmesken hän’t haaln. Bergewiese lagg’t up ’n Balken.

 

Wo wie nun so langsam ’t End togoaht, will wie mett de Ferien affschluten. Wenn’t Ferien gaww, dann kööm alle Klassen noa buten för de Schoole an de Stroatensiete. Ett wott sick in’n Kreis uptstellt, de Fahne wott hochtrocken un ett wonn’n domoals twej bekannte Leeder sungen.

 

Dormett will ick nun Schluss maken. Ick will hoppen, datt denn een off annern gefalln häww. Wann nich, dann vergätt’t gau!

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Werner Hilbring (*1933) aus Wessum erinnert sich an seine Schulzeit
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Die Schule in Wessum

 

Einschulung
Normalerweise kam man im Alter von sechs Jahren in die Schule. Maßgebend war aber das Alter am 30.06. eines Jahres, wobei Ostern schließlich die Einschulung war. In den Kriegsjahren 41/ 42 wurde ausnahmsweise im Herbst eingeschult. Die Sache war recht unkompliziert. Das Kind hatte das Alter und wenn es „wohl wollte“ und „wohl konnte“, kam es in die Schule. Es kam auch vor, dass Kinder schon jünger eingeschult wurden etwa, wenn die älteren Spielkameraden eingeschult wurden und man die Kinder nicht trennen wollte. Dann konnte der Schulleiter die frühzeitige Einschulung erlauben.

Eine Schultüte oder Schultasche gab es nicht. Für die Schulsachen gab es einen Leinenbeutel mit den Initialen. Darin waren die Tafel (aus Schiefer und mit einem Holzrahmen), das Tafelläppchen, ein Schwamm zum Abwaschen und ein gehäkeltes Läppchen zum Trocknen. Die Tafeln hatten eine Seite mit Rechenkästchen und eine Seite mit Sütterlinschrift. Auf etwas hochwertigeren Tafeln mit einem lackierten Rahmen standen das Alphabet auf der einen Seite und die Zahlen von 1 bis 10 auf der anderen Seite. Zusätzlich hatte man einen Griffelkasten mit einem (Gold-) Griffel, einen Bleistift und später auch ein Radiergummi. Ganz luxuriös war ein zweistöckiger Griffelkasten mit zwei Fächern. Der Tornister kam erst später. Von ganz früher ist noch der „Schoolkasten“ bekannt. Für Jungen und Mädchen gab es verschiedene Tornister mit Trageriemen.


Unterricht
Das erste Lesebuch im ersten Schuljahr hatte vorne ein buntes Bild mit einem Hasen. In den ersten Jahren wurde Schreiben, Lesen, Rechnen, Religion und Singen unterrichtet. Beim Schreiben wurden zunächst einzelne Buchstaben gelehrt, die sich später zu Wörtern zusammensetzten.
Im zweiten Schuljahr gab es bereits das Fach Geschichte. Nach “Mein erstes Lesebuch“ kam das „Lesebuch für das zweite Schuljahr“ und eine kleine Bibel. Vielen ist noch das Gedicht „Das Bübchen auf dem Eise“ in guter Erinnerung.
Im dritten Schuljahr kam der Katechismus hinzu und sehr viel Kommunionunterricht, sowohl vom Pastor als auch von den Lehrern. Außerdem gab es Heimatkunde. Dieses beschränkte sich aber sehr auf das Gebiet der Ahauser Aa und den Kaninchenberg.
Im vierten Schuljahr wurde Heimatkunde auf Erdkunde erweitert. Thematisch befasste man sich mit dem Sauerland und dem Weserbergland.
Ab dem fünften Schuljahr gab es verschiedene Lesebücher, z. B. Goldenes Tor, Heimatland, Das Deutsche Lesebuch und Die Schatzkammer. Schließlich hatte man auch ein kleines und ein großes Rechenbuch. Die Fächer wurden in den ersten Jahren für die Klassen von einem einzigen Lehrer unterrichtet, in den höheren Klassen dann aber wechselweise von verschiedenen Lehrern.


Zeugnisse
In der Schule gab es nicht nur Noten für die Schulfächer Schreiben, Lesen, Rechnen und Singen, sondern auch für Betragen, Ordnung, Häuslicher Fleiß und Schulbesuch. Zunächst gab es in den 30er Jahren nur die Noten sehr gut, gut, genügend und mangelhaft, später (in den Kriegsjahren) dann auch befriedigend und ausreichend. Vom ersten Zeugnis ist noch der Vermerk „hat einen guten Anfang gemacht“ bekannt. Ansonsten stand auf dem Zeugnis „Steigt“ bei Versetzung oder „Versetzt“  oder eben nicht. Zunächst gab es auch nur einmal jährlich Zeugnisse, später dann auch Herbstzeugnisse. In früheren Jahren war das Entlassungszeugnis nur ein kleiner Schein, später wurde es durch ein Heft ersetzt.


Oberklasse
Nicht nur in der Kirche gab es eine Jungen- und eine Mädchenseite, sondern auch in der Oberklasse. Ab dem fünften Schuljahr wurden Jungen und Mädchen getrennt.
Für die Mädchen gab es dann noch Handarbeit und für die Jungen Raumlehre und Werkunterricht. Die Mädchenklassen hatten neue Schulbänke für jeweils zwei Personen, die Jungen saßen in Bänken mit vier Schülern. Wenn man Nachsitzen musste, musste man nach oben ins Gebäude. Die Mädchen wurden im Obergeschoss unterrichtet, die Jungen im Untergeschoss. Dabei waren allerding die jeweiligen Jahrgänge in einem Raum. Die verschiedenen Klassen bekamen verschiedenen Aufgaben. Jeweils das fünfte und sechste, sowie das siebte und achte Schuljahr waren zusammengefasst. Deutsch und Rechnen wurde in diesen Gruppen zusammen unterrichtet. Es wurde viel gelesen, abwechselnd vorgelesen und Aufsätze geschrieben, meistens monatlich mit Vorbereitung. Es gab ein Diktat-, ein Aufsatz- und ein Rechenheft. Wichtig war auch das Fach „Schönschrift“. Dazu gab es immer frische Tinte.
In diesen Jahren gab es auch die Schülerzeitschrift „Hilf mit“, die man für einen kleinen Beitrag erwerben konnte. Sie beinhaltete Berichte über Sport, die Olympiade und hatte viele schöne Bilder.
In schlechter Erinnerung ist allen die katastrophale Toilettenanlage. Diese war durch eine Schutzwand mit Trägern abgetrennt. Über den Türen gab es Lufträume. Der Zustand der Toilette war derart schlecht und unbeschreiblich, dass sie – auch von den Kindern – nur im alleräußersten Notfall benutzt wurde.


Der Schultag
Der Schulalltag begann mit der Schulmesse. Um 6.55 Uhr wurde geläutet und um 7.10 Uhr begann die Messe. Man nahm klassenweise daran teil und hinter den Klassen saßen die jeweiligen Lehrer. Nach dem Gottesdienst begann der Unterricht. Dann gingen Lehrer und Schüler geschlossen zur Schule. Die Kinder aus dem Dorf durften zwischendurch nach Hause, um ihre Schultasche zu holen.
Nach jeder Stunde gab es kleine Pausen von fünf Minuten. Nach der zweiten Stunde gab es um 10.00 Uhr eine große Pause, wozu die Kinder aus dem Dorf zum Frühstück nach Hause gehen durften. Dort gab es oft Pfannkuchen oder Spiegeleier. Dieses war oft die erste Mahlzeit, da man zur Messe nüchtern sein musste. Anderen Kindern wurde das Essen zur Schule nachgebracht. Die Pausen wurden mit einer Glocke eingeläutet. Dazu durfte ein Schüler mit einer Schelle um die Schule laufen. Dieser Dienst war eine Ehrensache und wurde klassenweise gewechselt. Nach der Pause wurde das Papier eingesammelt und Brotreste, die als Hundefutter dienten.


Religionspflicht
Neben dem Religionsunterricht in der Schule gab es für Schulkinder noch die regelmäßige sonntägliche Christenlehre mit anschließender Andacht in der Kirche. Dieses war ebenfalls eine Pflichtveranstaltung. Wenn sonntags zusätzlich noch ein Besuch oder Spielen auf dem Programm standen, so musste das zurückgestellt werden.
An den Werktagen ging man in den Messen nicht zur Kommunion. Die Kinder gingen alle vier Wochen gemeinschaftlich in einer Kindermesse zur Kommunion und das, wenn man am Samstag vorher gebeichtet hatte. Zur Kommunionbank zog man die Holzschuhe aus. In den Messen standen die Kinder übrigens vor der Kommunionbank.

Erinnerung an die Schule in den Jahren des Zweiten Weltkrieges
In den Jahren 1942 bis 1945 gab es HJ-Unterricht. Dieses war wohl zurückzuführen auf den Zweiten Vier-Jahresplan. In der Schule gab es verschiedene HJ-Führer bzw. Fähnleinführer. Man veranstaltete Geländespiele im Averesch und machte Krankenbesuche. Die 10-14jährigen Kinder gehörten dem DJ (Deutsches Jungvolk) an, ab dem 15. Lebensjahr der HJ (Hitlerjugend). HJ-Führer zu sein, war ein hoher Posten, blieb aber Privatpersonen überlassen. In der HJ zu sein, war quasi Pflicht. Wer sich ausschloss, verlor u. U. seinen Posten oder erlangte keine Beförderung. (Dieses war aber nicht überall gleich. Einigen Wessumern, die nicht vor Ort in die Schule gingen, sondern andere Berufsschulen im Kreis besuchten, hörten in der Schule nichts von DJ oder HJ.)
Im Bereich Sport ab es die Reichsjugendwettkämpfe. Die Sieger wurden nach Ahaus bzw. überörtlich weitergeleitet.
Von jedem Jahrgang gingen damals etwa ein bis zwei Schüler zur höheren Schule und machten das Abitur. Nach dem 4. Schuljahr war es die Rektoratsschule in Ahaus, anschließend wurde eine Schule in Coesfeld besucht. Die Rektoratsschule war kostenpflichtig, für kinderreiche Familien gab es Vergünstigungen. Schon vor dem Krieg war eine Aufnahmeprüfung in allen Fächern nötig.
In den Kriegsjahren gab es oft Fliegeralarm. Wer innerhalb von zehn Minuten zu Hause sein konnte, durfte das Schulgelände verlassen, die anderen Kinder gingen in den Schulbunker. Oft wechselte Alarm, Vorentwarnung und Entwarnung ganz schnell und die Kinder nutzten die Zeit nicht selten zum Fußballspielen. Neben dem Schulbunker hatten auch viele Privatleute einen Bunker.
In der Schule gab es die sogenannte Schulspeise. Sie war nicht für alle, sondern nur für diejenigen, die „auf Karte lebten“. D. h. wer Lebensmittelkarten hatte, bekam auch die Schulspeise, Selbstversorger waren ausgeschlossen, Kinderreiche wurden bevorzugt. Dieses Essen wurde vom Krankenhaus abgeholt. Das war eine begehrte Aufgabe, denn die Gelegenheit wurde zum Naschen genutzt. Allgemein war die Versorgung während des Krieges in Wessum nicht schlecht. Erst 1947 wurde die Lage dramatischer.
Der Krankenhausplatz war übrigens mit einem roten Kreuz versehen, etwa 20 x 20 m groß. An der Herstellung waren alle Schüler beteiligt. Jeder bekam eine bestimmte Anzahl an Steinen.
Für eine kurze Zeit wurden im Schulgarten Maulbeerbäume gepflanzt und Seidenraupen gezüchtet.
Die Schülerinnen und Schüler wurden ebenfalls aufgefordert, sich an Maßnahmen wie Heilkräutersammlung oder Käfersammlung zu beteiligen. Zur Heilkräutersammlung brachte man eine Schere mit und dann ging es klassenweise los und suchte Kräuter. Diese waren für das DRK (Deutsches Rotes Kreuz), WHW (Winterhilfswerk) oder VDA (Verein für Deutsche im Ausland) bestimmt und wurden z. B. als Tee weiterverarbeitet. Selbst wenn dieses eine Aufgabe der HJ war, wurden Schüler damit beauftragt.
Beim Kartoffelkäfersuchen wurden die Kinder in Gruppen eingeteilt und an Bauern verwiesen. Die Ernährungsversorgung wurde wegen des Kartoffel- oder Coloradokäfers als sehr gefährlich geschildert, als größte Gefahr für Deutschland und als Untergang für das Abendland dargestellt.
Die Nachmittage bei den Bauern wurden natürlich auch zum Spielen genutzt. Eigentlich sollten die Kinder unter Aufsicht des Bauern Käfer suchen, doch dieser beauftragte meistens einen Kötter damit. Schließlich hatten die Bauern Bedenken, dass die Kinder an den Feldern mehr kaputt machten, als dass die Arbeit einen Zweck erfüllte. Wenn die Kinder dann außer Sichtweite waren, wurden natürlich mehr gespielt als gesammelt. Selbstverständlich freuten sich die Kinder über diese Nachmittage, denn es gab keine Hausaufgaben.
Nachmittagsunterricht gab es in der Schule nicht. Wenn alles in Ordnung war und man gut gelernt hatte, gab es einen Spielnachmittag, wenn nicht, musste noch gelernt werden. In der Schule gab es am Nachmittag allerdings Berufsschulunterricht und zeitweise auch Landwirtschaftsunterricht.
In der Schule gab es nur selten hitzefrei. Wenn es morgens um 10.00 Uhr schon 25° C waren, gab es um 11 Uhr hitzefrei. Dieses war leider selten der Fall. Schüler aus der Oberklasse durften das Thermometer ablesen, danach wurde vom Lehrer kontrolliert und er sah die Notwendigkeit zum „hitzefrei“ meistens nicht. Dann argumentierte der Lehrer noch, dass ohnehin um 12.30 Uhr Unterrichtsende sei und es sich nicht lohne, vorher aufzuhören.
Zu Beginn eines Schuljahres sowie vor und nach den Ferien wurde die Deutschlandfahne gehisst und der Hitlergruß gesprochen. Dazu stand man klassenweise im Kreis um die gehisste Fahne und sang außerdem das Deutschlandlied und „Die Fahne hoch“.
In diesen Jahren durfte offiziell in der Schule nicht gebetet werden. Einige Lehrer hielten sich jedoch nicht daran und sprachen nach dem morgendlichen Hitlergruß ein kurzes Gebet.
Wenn der Lehrer Namenstag hatte, war es ein Festtag für die Schüler. Sie bekamen z.B. bunte Kreide um damit an der Tafel zu malen. Es wurden kleine Geschichten vorgelesen und es gab keine Hausaufgaben. Manchmal sammelte man sogar ein bisschen Geld und kaufte für den Lehrer ein kleines Geschenk, z. B. eine Topfblume.
Sechs Wochen vor der Entlassung aus der Schule gab es Entlassungsunterricht. Dieses war getrennt nach Jungen und Mädchen und sollte Aufklärungsunterricht sein. Das war es am Ende natürlich nicht und so war die Spannung schnell verflogen.

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Die Schule in Wessum
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Der Kindergarten in Wessum

Der Kindergarten von Wessum, die „Kinderverwahrschoole“ ist schon in den frühen 1940er Jahren bekannt und war bis 1967 im jetzigen Musikhaus untergebracht. Die erste Erzieherin war Schwester Humilis. Etwas später spielte Sr. Ludfrieda eine bedeutende Rolle. Sie war im Krankenhaus angestellt, aber für den Kindergarten zuständig. Sr. Ludfrieda war sehr kinderlieb und eine richtige „Klucke“. Ihr folgten Sr. Patricia und Tante Sophie (Hüßler). Zum Teil arbeiteten die Ordensschwestern auch gleichzeitig im Kindergarten. Die Kinder gingen etwa ab dem dritten oder vierten Lebensjahr zum Kindergarten. Auf jeden Fall mussten sie trocken sein. Aus dem Dorf waren nahezu alle Kinder da, von außerhalb nicht. Man konnte morgens und nachmittags in den Kindergarten gehen.
Im Kindergarten wurde nicht viel gespielt. Man musste artig sein, aufpassen und wer das nicht tat, kam in die Ecke. Im Sommer wurde allerdings schon draußen gespielt. Es gab einen großen gemauerten Sandkasten – schätzungsweise 4 x 8 m. Spielzeug gab es nicht, lediglich kleine Eimer und Schaufeln. Außerdem gab es ein kleines Karussell, in dem vier Kinder Platz hatten.
Das Gebäude hatte fünf Räume: einen Salon oder Sprechzimmer, ein Spielzimmer, die Schatzkammer als Raum für wertvolle Spielsachen, die Toilette und die Bücherei mit gelben Büchern für Kinder und roten für Erwachsene. In der Schatzkammer gab es wunderbare Spielsachen, die man leider nur ein bis zweimal im Jahr angucken durfte, etwa Metallautos und ein Holzpferd. Auf jeden Fall waren es Utensilien, die wirkliche Kinderträume waren. Im Kindergarten gab es kleine Tische, an der Wand standen Bänke. In der Mitte war ein Ofen. Außerdem hing an der Wand ein Bild mit Engeln.
In der Frühstückspause gab es Butterbrote aus der Blechdose von Zuhause. Wenn Äpfel und Birnen unter den Bäumen des Obstgartens am Kindergarten lagen, durften sie nicht einfach gegessen werden, sondern Sr. Ludfrieda verteilte sie stückchenweise.
Im Übrigen lernte man Anstand und Ordnung. Es wurde viel gesungen und stundenlang gebetet. Wenn eine Betstunde in der Kirche war, ging man geschlossen dorthin. Beim Tod eines Kindes war es üblich, dass die anderen Kinder Bildchen auf den Sarg legten.
Gelegentlich kam es vor, dass Sr. Ludfrieda einen Tag nicht im Kindergarten war. Dann hatten die Kinder frei. Damit die Kinder diese Nachricht auch nach Hause brachten, mussten sie sich auf dem Nachhauseweg an den Händen fassen und laut üben: Übermorgen wiederkommen! – so lange, bis sie zu Hause waren.
Finanziell war der Kindergarten kein großer Kostenpunkt. Man zahlte nur einen kleinen Beitrag und keinen festen Satz.
Bis zum Alter von sechs Jahren waren die Kinder in der „kleinen Schoole“, dann kam die „groote Schoole“.

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Erntezeit in den Jahren 1935 bis 1950

 

Kartoffelernte
Die Kartoffelernte war immer ein großes Ereignis, an das sich i. d. R. alle Schüler und Jugendlichen des Dorfes beteiligten. In den Kriegsjahren wurde unter den Kindern eine genaue Aufteilung vorgenommen, wer bei welchem Bauern helfen musste. Das war noch längst nicht einerlei. Zum einen wurde dort geholfen, wo die Männer im Krieg waren, zum anderen konnten die Bauern an der Schule nach Hilfskräften fragen. Für die Kinder war es meist eine lukrative Sache, bei der man sich bares Geld verdienen konnte. Es gab unterschiedlich hohe „Löhne“. In guten Jahren konnte man sich am Nachmittag 1,00 DM verdienen. Manchmal gab es für den Nachmittag von 13.00 Uhr bis 19.00 Uhr auch nur 0,50 DM. Oft war es auch Nachbarschafthilfe oder es wurde mit dem Pachtgeld verrechnet. Auf dem Feld gab es dann häufig Butterbrote, die vielleicht besser, auf jeden Fall aber anders als zu Hause schmeckten. Manchmal gab es sogar schon gekauften Aufschnitt und gekauftes Weißbrot. (Das Mehl für die Brote  brachte man vorher zum Bäcker.) So kam die Bäuerin oder Magd mit einer Milchkanne voll Kaffee und einem (Weiden-)korb voller Butterbrote zum Feld. Mancherorts wurden die Brote zugeteilt, aber meistens konnte man so viel essen, wie man wollte. Abends gab es oft Michsuppe mit einem Hering.
Schließlich waren die Abende am interessantesten. Es wurden Spiele veranstaltet, z. B. Verstecken, Sterne gucken oder Stroh ziehen. Beim Sterne gucken oder Stroh ziehen ging es letztlich darum, jemanden, der seinen Blick nach oben richtete, nass zu machen. Später war die Stimmung dann immer ganz gut und vorangegangene Schlägereien oder Streitigkeiten, die vornehmlich dann auftraten, wenn Jugendliche aus verschiedenen Orten, z. B. Wessum und Ottenstein, zusammentrafen, waren schnell vergessen.
Aber die Kartoffelernte war nicht nur ein vergnügliches Zusammensein. Es musste zunächst gearbeitet werden. Bevor man die Kartoffeln erntete, war der Acker gerodet oder gepflügt worden. Dann wurde das Feld in verschiedenen Fächer aufgeteilt. Diese kennzeichnete man mit Zweigen oder Stöcken. Manchmal versuchte man heimlich sie zu verstellen, damit das eigene „Arbeitsfeld“ ein wenig kleiner wurde. Hinter dem Pflug ging es schließlich ans „Errappel garren“. Die Kartoffeln wurden in Weiden- oder Drahtkörben gesammelt und diese wurden meist von älteren bzw. kräftigeren Arbeitern an passenden Stellen auf einen Haufen oder auf  bereit gestellten Karrern geschüttet. Später wurden sie dort abgeholt.
Darauf folgte, meisten im Halbdunkeln, das Nachsuchen. Das bereits abgeerntete Feld wurde mit der Egge durchgezogen und dann musste man nochmals nach Kartoffeln suchen. Diese Arbeit war nicht sehr angenehm und wenn der Bauer es nicht bemerkte, wurden die Kartoffeln mit den Holzschuhen tief in die Erde getreten. Die gleiche Arbeit erfolgte nochmals, wenn der Acker später wieder neu bestellt wurde. Das war dann noch aufwendiger und mühsamer. Auf einigen Feldern wurde dabei gleich die Gelegenheit genutzt Unkraut, z. B. Quecke, zu beseitigen. Wenn die Arbeit auf dem Feld beendet war, wurde das Kartoffellaub, das auf den Äckern an mehreren Stellen aufgehäuft worden war, angezündet. Die brennenden Feuer gaben dann ein wunderbares Bild am Abendhimmel. Eine Delikatesse waren abends Kartoffeln, die man in die glühende Asche legte und anschließend sofort verzehrte.

Wenn die Arbeit auf den Feldern beendet war, wurden die Kartoffeln eingeholt, zum Trocknen in Scheunen gebracht und ausgesucht.  Mit einer unwahrscheinlich schnellen  Geschwindigkeit wurden sie auf Qualität geprüft und sortiert. Dieses war meistens Arbeit von Frauen oder heranwachsenden Kindern, die mit einer Sackschürze (griese Schloowe) an die Arbeit gingen. Einige waren damit tagelang bei verschiedenen Bauern beschäftigt. Besondere Sorgfalt galt den Kartoffeln, die im nächsten Jahr wieder für den Anbau genutzt wurden (Pötters). Diese Aufgabe kam auch nur bestimmten Frauen zu. Anschließend wurden die Kartoffeln in windgeschützten, hoch und trocken gelegenen Löchern gelagert (oft an Wällen). Die Löcher wurden mit Stroh abgedeckt. So floss einerseits das Regenwasser ab, andererseits kam es zu einer Luftzirkulation. Je nach Witterung wurde auch die Sand- oder Sägemehlschicht erhöht.

Als später die Kartoffeln eingekellert wurden, war dieses ebenfalls ein großes Ereignis. Wer keinen Keller hatte, musste sie frostsicher verpacken, was schon ein großer Aufwand war. Wenn nötig, wurden Vorrichtungen gezimmert und aus Brettern und Jutesäcken ein entsprechender Platz hergestellt.

In schlechten Jahren mussten die Bauern oft Kartoffeln abliefern und nur zeitweise konnten sie verkauft werden. Ebenso kam es im Krieg zu „Hamsterzügen“ für nur wenige Kartoffeln. Es war schon sehr traurig, dass Frauen aus dem Ruhrgebiet kamen und abgeerntete Felder nochmals absuchten, um ein paar Kartoffeln zu finden. Dabei kam es sogar vor, dass Pflanzkartoffeln wieder ausgebuddelt wurden. Z. T. wurde die Situation aber auch von den hiesigen Bauern ausgenutzt. Diese verlangten für nur wenige Kartoffeln Gegenleistungen in Form von Aussteuer, z. B. Wäsche, Porzellan oder Glaswaren. In den 50er Jahren wurden schon die ersten Kartoffeln verkauft. Dazu musste man verschiedenen Sorten anbieten können. Da die Bauern aber i. d. R. nur eine Sorte hatten, wurden gleiche Kartoffeln nur unterschiedlich deklariert. Eine Trennung erfolgte nur nach Esskartoffeln und Futter- oder Schweinekartoffeln (beschädigte oder kleine). Erst nach und nach kamen wirklich verschiedene Angebote auf den Markt. Als der Verkauf im Ruhrgebiet anlief, konnten schon Verkaufspreise von 5,00 DM je Zentner erbracht werden. Für private Zwecke unterschied man des Weiteren Pötters (Pflanzkartoffeln) und Riewers (dicke Kartoffeln für Reibekuchen).

Runkelernte
Alle Wessumer, die Vieh hatten, pflanzten Runkeln an. So wurden neben den Kartoffeln auch Runkeln geerntet. Die Ernte begann später und zog sich über mehrere Wochen hin. Außerdem war es eine sehr aufwendige Arbeit. Dabei wurden die Runkeln von Hand gezogen. Man verzichtete auf Mistgaben, damit die Frucht nicht beschädigt wurde. Dann begann mit dem „Affschwucken“ eine Arbeit, die vornehmlich von Kleinbauern vorgenommen wurde. Dabei wurden die Runkeln durch eine ruckartige Bewegung leicht geworfen, um so das Grünzeug von der Frucht zu trennen. Die Blätter wurden als Futter für Kühe oder Schweine verwendet. Ansonsten wurden die Runkeln gezogen und zunächst in Reihen gelegt. Dann wurde das Laub mit einem gesonderten Spaten (eckige Form) abgestochen. Anschließend wurden die Runkeln auf dem Acker in Reihen abgelegt, damit ein Fahrzeug zum Sammeln hindurch fahren konnte. Dabei warf man sie von hinten auf eine Karre. Später wurden die Runkeln in einem Runkelloch gelagert, wobei sie kunstvoll geschichtet wurden. Zuletzt wurden die Runkeln entweder mit Stroh abgedeckt oder mit einer Schicht aus Kartoffellaub, Laub, Stroh und Erde. Bevor sie abgedeckt wurden, war es jedoch gut, wenn sie durch Regen ein wenig feucht wurden. Damit war gewährleistet, dass sie sich bis ins Frühjahr hielten. Für die Fütterung der Tiere holte man – meistens am Wochenende – eine Wochenration mit Pferd und Karre oder mit einer Schiebkarre nach Hause. Geöffnet wurden die Runkellöcher immer von Westen oder Süden her, da von Norden oder Osten häufig eisigere Winde oder Frost drohten. Waren die Löcher schließlich ganz geleert, wurden sie von Kindern gern als Spielplatz benutzt.
Einige Runkeln wurden für die Hausapotheke verwendet. Dabei wurden die Runkeln ausgehöhlt und mit Kandis gefüllt. Der Zucker löste sich schließlich auf und aus dieser Kombination wurde Hustensaft.
Spaßeshalber wurden Runkeln auch ausgehöhlt, um daraus Fackeln zu machen. Dabei fanden sie allerdings erst sehr viel später und nur gelegentlich bei Umzügen Verwendung.

Getreideernte
In Wessum betrieben viele eine Landwirtschaft – einige mehr, andere weniger. Somit wurde auch viel Getreide angebaut. Es gab Sommer- und Wintergerste, Roggen, Weizen, Hafer und vereinzelt Buchweizen. Früher wurde das Getreide per Hand mit der Sense (Bausät) geschnitten. Dieses war oft eine schwere Arbeit, wenn durch Witterungseinfluss, Regen und Wind, das Getreide am Boden lag. Die Männer standen oft tagelang auf den Feldern und es war keine Seltenheit, dass fünf bis sechs Männer hintereinander mähten. Auf zwei Mäher kam meistens eine Frau, die die gemähten Garben binden musste. Das Binden war wiederum Frauenarbeit. Da oft Unkraut im Getreide war, Brennnesseln oder Disteln, trugen die Frauen zum Binden einen Armschutz, sog. Mauen. Das waren halbe Ärmel, die vom Handgelenk bis zum Ellenbogen reichten und mit Bändern festgemacht wurden. Als erstes wurde Gerste gemäht. Wintergerste war schon im Herbst des Vorjahres gesät worden, Sommergerste im Frühjahr. Da Gerste kein langes Stroh hat, wurden die Garben mit einem Strohseil gebunden. Damit das Korn – wenn es noch tagelang auf dem Feld zum Trocknen stand – nicht nass wurde, wurden „Puppen“ gebunden. Dazu wurde der obere Teil mit der Frucht umgeschlagen und das Regenwasser konnte besser ablaufen. Jede „Puppe“ wurde schließlich einzeln abgestellt.
Als nächstes wurde Roggen gemäht. Die Vorgehensweise war im Grunde wie bei der Gerste, doch weil das Stroh länger war, wurde hier mit zwei Seilen gebunden. Ein Seil, das aus mehreren Strohhalmen gebunden wurde, befand sich im unteren Teil, das Kopfseil im oberen Teil wurde aus der Garbe genommen. Dazu wiederum wurden Strohhalme geteilt, gekreuzt und gebunden. Richtiges Binden wollte schon gekonnt sein. Damit auch gewährleistet war, dass später nicht alles auseinanderfiel, wurden die fertig gebundenen Garben schließlich zu viert zusammengestellt und diese wiederum mit einem Seil am Kopfende zusammengebunden. Man legte sogar großen Wert darauf, dass die Garben in geraden Reihen über dem Feld standen. Zwischen den Reihen wurde so viel Platz gelassen, dass man zum Aufladen mit einem Fuhrwerk hindurch fahren konnte.
Nach der Roggenernte kam dann die Weizenernte. Dieses Getreide gab es jedoch weniger, da die Bodenbeschaffenheit dafür sehr gut sein musste. Als letztes wurde Hafer gemäht. Die Arbeitsweise bei Weizen und Hafer war gleich. Es wurde mit einem Seil gebunden. Für das Aufstellen bildete man Gassen. Vier bis acht Garben wurden paarweise zusammengestellt, aber man befestigte es nicht mit einem Seil.
Jede Getreideart musste eine bestimmte Zeit zum Trocknen auf dem Feld bleiben. Hafer sollte siebenmal im Tau gestanden haben. Das Wetter musste dann natürlich gut sein. Wenn in langen Regenperioden die Frucht schlecht wurde und zu Keinem anfing, sagte man: „Ett löpp ut.“
Wenn die Trockenzeit verstrichen war, wurde das Getreide mit Pferd und Wagen (Ledderwagen) eingefahren. Entweder brachte man es sofort nach Hause oder zum Drescher. Schon das Aufladen der Garben erforderte ein besonderes Geschick. Häufig wurde die Arbeit von Frauen verrichtet, doch wenn das Hochheben zu anstrengend war, wurde es Männersache. Man achtete darauf, dass das Fuder gerade gepackt war und die schichtweise gestapelten Garben bei schlechten Wegeverhältnissen ineinander hakten und nicht umkippten. Wenn das Fuder die richtige Höhe erreicht hatte, wurde es mit dem „Wessboom“ (gerade gewachsenes Holz) befestigt. Dieses Holz hatte vorne eine Kerbe, an das eine Kette, die am Wagen befestigt war, geschlungen wurde. Am hinteren überstehenden Ende kam das Wagenseil (Hanfseil), das mit einem „Kontroll“ oder Holzwickel fest angezogen und schließlich am Wagen verknotet wurde. Zu Hause angekommen, wurde das Getreide entweder auf dem Hausboden, in der Scheune oder als Miete (Fime) gelagert. Auch hier erforderte das Packen eine besondere Kunst und es gab viele Männer, die bei mehreren Bauern diese Fime packten. Wichtig war, dass nicht so gepackt wurde, dass das Wasser nach innen lief. Manchmal wurde deshalb in der Mitte Holz (Wessboom) aufgestellt, das als Abschluss mit einem Wagenring befestigt wurde.

Für Großmengen gab es in Wessum zwei Dreschstellen: Säcker und Kappelhoff (Terröken). Dort herrschte dann auch Hochbetrieb. Die Dreschstelle von Kappelhoff war am Mühlenweg (Bonatos Weide). Es kam vor, dass die Fuder von Frankemölle bis zur Hörne (Weg zwischen den Grundstücken Dennemann-Brüning und Hassels) bis zur Wiese von Alois Hollekamp standen. Es wurde bis spät in den Abend gedroschen und morgens ging es rechtzeitig weiter. Bei dieser Arbeit wurden sehr viele Leute gebraucht und damit war Nachbarschaftshilfe angesagt. Einer lud das Fuder ab, einer nahm es auf dem Drescher an, einer schnitt die Seile auf und legte die Garben in den Drescher, einer wechselte die Säcke beim Korn und einer beim Stroh. Gleichzeitig wurde das Stroh wieder auf einem anderen Wagen (Schöwe) aufgeladen und das Korn kam ebenfalls in Jutesäcken darauf. Der Drescher selbst wurde mit einem schweren Lanzbulldagg in Betrieb gesetzt. Relativ früh gab es auch schon einen elektrisch betriebenen Drescher.

Wenn das Dreschen vorbei war, lagen an den Dreschstellen große Kaffhaufen. Diese wurden erst später im Herbst abgeholt und zum Abdecken von Runkeln, Kartoffeln und Möhren verwendet. Für die Kinder war die Dreschstelle im Winter natürlich ein beliebter Platz für „Voggelklipp“. Von der Dreschstelle, die Kappelhoff am Mühlenweg hatte, zog der Drescher weg, um privat zu dreschen. Die erste Adresse war immer bei Nienhaus (Schulten). Säcker hatte nur einen festen Dreschstand. Wenn die Wegstrecken zu den Bauern schlecht waren, mussten Pferde vor den Drescher gespannt werden, um ihn in Bewegung zu setzten. Bei den Bauern wurde der Drescher an der Scheune oder direkt vor der Giebeltür aufgestellt. Manchmal wurden Dachziegel abgedeckt, um die Garben auf den Drescher zu befördern. Auch hier war wieder Nachbarschaftshilfe erforderlich. Männer, die auf dem Dachboden die Garben nach unten zum Dreschen reichten, hatten oft die Hosenbeine zugebunden, weil unter dem letzten Getreide oft Mäuse oder Ratten zum Vorschein kamen. Das gedroschene Korn wurde entweder in Jutesäcken gelagert oder mit einer Leitung direkt auf den Saatboden geblasen. Das zurückgebliebene Kaff wurde zum Füttern verwendet. Besonders begehrt war Haferkaff. Der „Kaffbönn“ war eine Vorrichtung über dem Kuhstall.

Wenn das Getreide geerntet war, wurden die Felder abgeräumt. Mit einer großen Harke oder einem Rechen wurde das Feld sauber abgezogen und abgesucht, ob noch Ähren zu finden waren. Schließlich konnte alles gepflügt und neu bestellt werden.

Apfelernte
Geerntet wurden im Herbst außerdem noch Äpfel. Dabei ging man ebenfalls zu den Bauern zum Helfen. Apfelbäume, die am Straßenrand standen, unterlagen der Verwaltung des Dorfpolizisten. Die Bäume wurden zur Erntezeit an Interessenten verkauft. Einige Äpfel wurden, ähnlich wie Kartoffeln, in Löchern aufbewahrt, doch die Qualität ließ dann sehr zu wünschen übrig. Eine bessere Art sie aufzubewahren war in Getreide oder Stroh. Des Weiteren gab es Holzschränke mit Holzrosten.

Möhrenernte
Möhren wurden ebenfalls eingekellert oder in Mieten (Wottellöcker) aufbewahrt. Dabei verwendete man Stückwurzeln, die vorher jedoch so lange wie möglich im Garten bleiben, meist bis Allerheiligen.

Einmachen
Abgesehen von der Ernte von Kartoffeln, Runkeln, Möhren und Äpfeln wurde nur noch Sauerkraut, Weißkohl und Böhnchen (Fitzebeohnen) eingemacht. Das Einmachen von Sauerkraut bedurfte stets einer besonderen Fähigkeit. Diese Arbeit wurde i. d. R. von Frauen verrichtet, die mit sauberer Schürze (blau oder blaugestreifter Vörbinder) an die Arbeit gingen. Benutzt wurde dazu ein besonderes „Kabusmesser“, das häufig unter den Nachbarn und Bekannten ausgeliehen wurde. Zunächst wurden die welken Blätter von den Kohlköpfen entfernt. Dann legte man die sauberen Köpfe in eine Wanne. Schließlich wurden sie nacheinander in dünne Streifen geschnitten. Die Schnittstärke war dabei vom Messer vorgegeben. Später wurde diese Arbeit mit der „Scharbe“ verrichtet. Dieses Gerät war ein Brett mit einem Messer worüber ein Schlitten geführt wurde, auf dem der Kohlkopf festgehalten wurde. Dieses war schon eine große Arbeitserleichterung.
Zum Aufbewahren verwendete man entweder Holzfässer oder Steintöpfe. Diese wurden im Keller oder einem anderen dunklen Raum abgestellt. Man füllte also den geschnittenen Kohl schichtweise in diese Fässer und stampfte es so lange fest, bis Wasser kam. In den Steintöpfen stampfte man mit der Hand, in den größeren Holzfässern mit den Füßen Dazu wurden neue Holzschuhe angezogen. Man stampfte nicht den ganzen Inhalt auf einmal, sondern lagenweise, wobei zwischendurch immer mit Salz gewürzt wurde. Schließlich wurde alles mit einem sauberen Tuch und dann mit einem passenden Holzdeckel abgedeckt und mit einem Findling beschwert.

Speiseplan
Mit dem eingemachten Obst und Gemüse war das Essen für mehrere Monate gesichert. Oft gab es an bestimmten Wochentagen dasselbe Gemüse. Selbstverständlich wurde alles mit Fleisch und Wurst aus eigener Hausschlachtung zubereitet (Speck, Mettwurst, Rippchen, Bauchspeck). Mittags wurde meistens zu viel gekocht, damit man abends wieder etwas aufwärmen konnte. Des Weiteren kam Essen in den „Henkelmann“ oder in das „Ättendüppken“.

Erntedank
Ein Erntedankfest ist erstmals aus den 30er Jahren bekannt. Mit einem geschmücktem Wagen wurde ein Umzug durch das Dorf gemacht. Dieses geschah auf Befehl des Reichsbauernführers. In den Kriegsjahren gab es dann kein Erntedankfest und erst später wurde es, zunächst unregelmäßig, ab den 60er Jahren wieder permanent eingeführt.
Nachbarschaften oder Vereine feierten das Erntedankfest oft auf Bauerntennen oder ganz vereinzelt in Gaststätten.
In der Kirche war an diesem Tag alles auf Erntedank abgestimmt. Der Altar war mit Früchten aus Feld und Garten geschmückt. Verantwortlich dafür war i. d. R. die Landbevölkerung.

 

 

 

Bildquelle Heimatverein Wessum e.V.

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Erntezeit in den Jahren 1935 bis 1950
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Familiengründung mit Hochzeit – Schwangerschaft – Geburt – Taufe

 

Hochzeit

Der Schritt in das Eheleben mit Heirat, Kinder bekommen und Familiengründung war schon früher ein großer und wichtiger Punkt. Es bedurfte eine gründliche Vorbereitung und es gab – neben den Eheleuten – natürlich viele Beteiligte mit einflussreichen Rollen.

 

Selbstverständlich war bei den Vorbereitungen zur Hochzeit der kirchliche Einfluss von größter Wichtigkeit. So hatten die künftigen Brautleute einige Wochen oder Monate vor der Trauung einen Brautkurs zu absolvieren. Dieser Kurs war in der Regel im Dorf (nur gelegentlich auswärts), wurde halbjährlich angeboten und fand an einem Wochenende statt. An diesem Wochenende erfuhr man, i. d. R. vom Pastor, wie man sich als Eheleute zu verhalten habe. Es ging um Rechte und Pflichten in der Ehe, in der Familie, wann die Ehe „vollzogen“ sei, aber auch um Fragen rund um die Körperhygiene.

 

Auf jeden Fall mussten die angehenden Brautleute eine „Generalbeichte“ ablegen. Dieses war eine Ergänzung zur normalen Beichte und es kam alles zur Sprache, „was einem besonders leid tat“. Eine Generalbeichte war eine Beichte von doppeltem Wert. Hatte man bereits früher eine Generalbeichte abgelegt, z. B. bei einer Gemeindemission, musste dieses unbedingt erwähnt werden.

 

Die standesamtliche Trauung hatte damals keine große Bedeutung. Sie war oft nur wenige Tage vor der kirchlichen Trauung. Erst später, als steuerliche Gründe wichtig erschienen, war die Zeitspanne zwischen Standesamt und Kirche länger. Während beim Standesamt auch nur die Standesbeamten Trauzeugen waren, galten bei der kirchlichen Trauung andere Regeln. Die Trauzeugen mussten ledig sein, zunächst waren die Geschwister an der Reihe und dann ging es in „grader Linie“ weiter. Für die kirchliche Zeremonie durften allerdings nur die männlichen Trauzeugen unterschreiben, nicht die Frauen. Die Trauzeuginnen hatten den Bonus, dass sie den Stoff für ihre Kleider von der Braut bekamen.

 

Kirchliche Hochzeiten waren meistens in der Woche – oft dienstags – in der Schulmesse. Höchst selten gab es dafür eine separate Messe. Nach der Messe gingen die Brautleute häufig zunächst mit den Eltern und Trauzeugen in eine Gaststätte zum Kaffeetrinken, die übrigen Gäste gingen direkt dorthin, wo gefeiert wurde. Gefeiert wurde an den Elternhäusern, auf Tennen oder in Zelten. Die Hochzeitsfeier dauerte meistens zwei Tage. Der zweite Tag war den Helfern (i. d. R. Nachbarn) des ersten Tages vorbehalten.

 

Ein Grund, weshalb zum Wochenbeginn geheiratet wurde, mag darin liegen, dass es freitags untersagt war, Fleisch zu essen. Das passte natürlich mit dem üppigen Hochzeitsessen nicht zusammen.

 

 

Bis in die Kriegsjahre hinein war die Braut in schwarz gekleidet, erst danach trug die Braut ein weißes Kleid. Wer hingegen heiraten „musste“, durfte wiederum kein Weiß tragen, sondern Schwarz. Auch wer zum zweiten Mal heiratete, trug Schwarz. Wenn die Braut schwanger war, durfte das Paar auch nicht vor den Hochaltar treten, sondern stand vor dem Seitenaltar. Manchmal wurde ihnen sogar die Kirche verweigert und die Brautleute mussten auf eine Kapelle oder ein Kloster ausweichen.

 

 

Schwangerschaft

Es war selbstverständlich, dass die Frau nach der Hochzeit sofort schwanger wurde. Dieses war Bedingung, denn die Eheschließung musste „vollzogen“ sein, ansonsten hatte man sich versündigt. Während der Schwangerschaft hatte man besondere Regeln zu beachten, z. B. durfte man nicht beim Einmachen helfen. Vorsorgeuntersuchungen gab es nicht.

 

Natürlich gab es keine Verhütungsmittel. Es ist dennoch bekannt, dass versucht wurde, ungewollte Schwangerschaften abzutreiben. Dieses probierte man mit Tabakwasser oder viel schmerzhafter mit Hilfe eines Hakens oder per Hand.

 

 

Geburt

Zur Geburt begab die Frau sich meistens nicht in ein Krankenhaus. Entbunden wurde zu Hause unter Hilfe einer Hebamme. Häufig kam auch der nächste Nachbar zur Hilfe. Die Hebamme wurde zuvor von den Männern per Kutsche oder mit dem Fahrrad abgeholt. Nur selten war es nötig, dass ein Arzt herbeigeholt werden musste. Die Ehemänner waren beim eigentlichen Geburtsvorgang dann nicht dabei. Wenn schon Kinder im Haus waren, durften diese die Hebamme nicht sehen.

 

Nach der Geburt musste die junge Mutter wieder aufgepäppelt werden. Sie blieb für einige Tage im Bett und wurde gut mit Essen versorgt. Es gab Speck, Bierpapp und Dunkelbier. Auch die Hebamme versorgte Mutter und Kind in den ersten neun bis zehn Tagen. Die Kinder wurden bis zu zwei Jahren gestillt. Nur in Ausnahmefällen gab es Milch mit Haferflocken. Diese wurde durchgesiebt und dann in ein Fläschchen gefüllt. Wenn die Mutter nicht stillen konnte, wurden Ammen hinzugeholt. Es ist bekannt, dass ein Säugling ein ganzes Jahr bei der Amme war, nachdem die Mutter im Wochenbett gestorben war.

 

 

Taufe

Die Taufe wurde sehr schnell nach der Geburt vorgenommen, oft schon am dritten Tag. Für den Fall, dass das Kind sterben würde, gab es eine Nottaufe, die von Laien durchgeführt wurde. Wenn das Kind dann doch überlebte, wurde die Taufe durch einen Geistlichen nachgeholt.

 

Selbstverständlich gab es auch für die Patenschaft feste Regularien. Bei einem neugeborenen Kind war der/die erste Pate/in  (rechte Pätt) väterlicherseits und der/ die zweite Pate/in mütterlicherseits. Rechte Pätt bei einem Jungen war natürlich ein Mann, bei einem Mädchen eine Frau. Das Patenpaar bildeten jeweils ein Mann und eine Frau. Eine Besonderheit gab es bei den Patenschaften bei Köttern, die in einer „Lieftucht“ wohnten. In diesen Familien war der Eigentümer der Lieftucht der Pate des erstgeborenen Kindes.

Bei der Taufe selbst hatte der nächste Nachbar das Kind auf dem Arm. Die Mutter war schließlich in den meisten Fällen im Wochenbett. Nach der kirchlichen Zeremonie wurde in einer Gaststätte oder auch zu Hause ein Fest gefeiert. Ganz früher gab es Bierpapp, später Möhren-, Sauerkraut- oder Grünkohleintopf und schließlich Braten mit Rotkohl. Fast immer endete die Taufe mit einem großen Saufgelage.

Bildquelle Heimatverein Wessum e.V.

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